IM REICH
DER ROTEN
TAUBEN

Essay, Freie Arbeit

Der Blick aus einer Gasse in der Altstadt auf den Golf von Tarent. Die auf einer Insel gelegene Città Vecchia ist durch den Bau großer Trabantenstädte für die Arbeiterschaft des Stahlwerks in den 1970er Jahren heute in großen Teilen verwaist. Mai, 2022
Der Blick aus einer Gasse in der Altstadt auf den Golf von Tarent. Die auf einer Insel gelegene Città Vecchia ist durch den Bau großer Trabantenstädte für die Arbeiterschaft des Stahlwerks in den 1970er Jahren heute in großen Teilen verwaist. Mai, 2022

Die Arbeit »Im Reich der roten Tauben« zeigt Fotografien aus der süditalienischen Stadt Taranto, wo sich das größte Stahlwerk Europas befindet. Die Bilder erzählen von Menschen, in deren Leben die Stahlproduktion eine scheinbar unentrinnbare Omnipräsenz mit tiefgreifenden sozialen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen eingenommen hat. Über Jahrzehnte haben sich in Taranto wirtschaftlich existenzielle Abhängigkeiten etabliert, die mit einer stetigen und anhaltenden Belastung der Ökosysteme sowie einer massiven Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung einhergehen. Auch angesichts der sich abzeichnenden Klimakatastrophe scheint die kapitalistische Maxime unausweichlich und die Stahlproduktion wird fortgesetzt.

Antonio, 15, spielt im Stadtteil Tamburi auf einem verwaisten Platz Fußball. Die Stadtverwaltung rät auf Grund der anhaltenden Emissionen durch das Stahlwerk offiziell davon ab, im freien Sport zu treiben. September, 2023
Antonio, 15, spielt im Stadtteil Tamburi auf einem verwaisten Platz Fußball. Die Stadtverwaltung rät auf Grund der anhaltenden Emissionen durch das Stahlwerk offiziell davon ab, im freien Sport zu treiben. September, 2023
Annalisa ist Tanzlehrerin im Stadtteil Tambur und leitet das Tanzstudio »Dance with me«. September, 2023
Annalisa ist Tanzlehrerin im Stadtteil Tambur und leitet das Tanzstudio »Dance with me«. September, 2023
Die Zuliefer Strecke der Rohstoffe für die Stahlproduktion vom Hafen zum Stahlwerk. Entlang der Gleise sind Erde und Vegetation vom Feinstaub der Mineralien rot verfärbt. Oktober, 2021
Die Zuliefer Strecke der Rohstoffe für die Stahlproduktion vom Hafen zum Stahlwerk. Entlang der Gleise sind Erde und Vegetation vom Feinstaub der Mineralien rot verfärbt. Oktober, 2021
Dr. Valerio Cecinati leitet die Pädiatrie im Krankenhaus Santissima Annunziata in Taranto und engagiert sich gemeinsam mit seiner Frau für Kinder und Jugendliche mit Krebserkrankungen. Die Krebsrate unter Kindern war in Taranto 2018 laut dem nationalen Gesundheitsinstitut Italiens 54 Prozent höher als im Rest des Landes. September, 2023
Dr. Valerio Cecinati leitet die Pädiatrie im Krankenhaus Santissima Annunziata in Taranto und engagiert sich gemeinsam mit seiner Frau für Kinder und Jugendliche mit Krebserkrankungen. Die Krebsrate unter Kindern war in Taranto 2018 laut dem nationalen Gesundheitsinstitut Italiens 54 Prozent höher als im Rest des Landes. September, 2023
Annalisa Potenza (Mitte) während des Trainings einer ihrer Tanzgruppen. Sie leitet das Studio »Dance With Me« in Tamburi und bietet Jugendlichen im Stadtteil damit eine der wenigen Freizeitbeschäftigung. September, 2023
Annalisa Potenza (Mitte) während des Trainings einer ihrer Tanzgruppen. Sie leitet das Studio »Dance With Me« in Tamburi und bietet Jugendlichen im Stadtteil damit eine der wenigen Freizeitbeschäftigung. September, 2023
Enzo Basile auf seinem Fischerboot. Bis 2017 hat er als Stahlarbeiter der ILVA gearbeitet. Mit der Abfindung, die er für ein frühzeitiges Ausscheiden aus dem Betrieb erhalten hat, konnte er sich als Muschelzüchter selbstständig machen. September, 2023
Enzo Basile auf seinem Fischerboot. Bis 2017 hat er als Stahlarbeiter der ILVA gearbeitet. Mit der Abfindung, die er für ein frühzeitiges Ausscheiden aus dem Betrieb erhalten hat, konnte er sich als Muschelzüchter selbstständig machen. September, 2023
Zwei Jungen posieren im Stadtteil Tamburi vor einem Feuer. September, 2023
Zwei Jungen posieren im Stadtteil Tamburi vor einem Feuer. September, 2023
Drei Jugendliche zur Mittagszeit im Stadtteil Tamburi. Die Arbeitslosigkeit der unter 25-Jährigen in der Region lag 2022 mit über 50 Prozent weit über dem nationalen Durchschnitt und Taranto belegt damit den drittletzten Platz in ganz Italien. Durch die jahrzehntelange Monokultur der Stahlproduktion, gibt es für junge Menschen heute kaum berufliche Perspektiven. Mai, 2022
Drei Jugendliche zur Mittagszeit im Stadtteil Tamburi. Die Arbeitslosigkeit der unter 25-Jährigen in der Region lag 2022 mit über 50 Prozent weit über dem nationalen Durchschnitt und Taranto belegt damit den drittletzten Platz in ganz Italien. Durch die jahrzehntelange Monokultur der Stahlproduktion, gibt es für junge Menschen heute kaum berufliche Perspektiven. Mai, 2022
Zwei junge Mädchen vor einem Schornstein des Stahlwerks im Stadtteil Tamburi. September, 2023
Zwei junge Mädchen vor einem Schornstein des Stahlwerks im Stadtteil Tamburi. September, 2023
Das Büro der NGO »Giustizia per Taranto«, die für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt die Schließung des Werkes fordert. September, 2023
Das Büro der NGO »Giustizia per Taranto«, die für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt die Schließung des Werkes fordert. September, 2023
»Stahl oder Leben! Du musst wählen«, steht auf einer Hauswand im Stadtteil Tamburi geschrieben. Der Streit um den Erhalt des Stahlwerkes und der damit verbundenen Arbeitsplätze, führt in Taranto immer wieder zu Interessenskonflikten. Oktober, 2021
»Stahl oder Leben! Du musst wählen«, steht auf einer Hauswand im Stadtteil Tamburi geschrieben. Der Streit um den Erhalt des Stahlwerkes und der damit verbundenen Arbeitsplätze, führt in Taranto immer wieder zu Interessenskonflikten. Oktober, 2021
Sogenannte Colline ecologiche sollen die Bewohner*innen des Stadtteils Tamburi durch eine natürliche Barriere vor dem Mineralien Staub aus dem Stahlwerk schützen. 2020 wurde bekannt, dass die Hügel mit Giftmüll aufgeschüttet wurden. Oktober, 2021
Sogenannte Colline ecologiche sollen die Bewohner*innen des Stadtteils Tamburi durch eine natürliche Barriere vor dem Mineralien Staub aus dem Stahlwerk schützen. 2020 wurde bekannt, dass die Hügel mit Giftmüll aufgeschüttet wurden. Oktober, 2021
Der Blick über die Muschelbänke Tarantos auf die sogenannte ILVA. Das Stahlwerk gilt mit einer Fläche von fast 15 Quadratkilometern als das größte Europas. Die Anlage befindet sich in einem maroden Zustand und ist laut verschiedener Studien für den emissionsbedingten Krebstod tausender Bürger*innen verantwortlich. Oktober, 2021
Der Blick über die Muschelbänke Tarantos auf die sogenannte ILVA. Das Stahlwerk gilt mit einer Fläche von fast 15 Quadratkilometern als das größte Europas. Die Anlage befindet sich in einem maroden Zustand und ist laut verschiedener Studien für den emissionsbedingten Krebstod tausender Bürger*innen verantwortlich. Oktober, 2021
Der nächtliche Blick auf das Stahlwerk. Die Hallen sollen die Windabtragung der auf Halden gelagerten Mineralen verhindern und den Stadtteil Tamburi so vor den Emissionen schützen. Oktober, 2021
Der nächtliche Blick auf das Stahlwerk. Die Hallen sollen die Windabtragung der auf Halden gelagerten Mineralen verhindern und den Stadtteil Tamburi so vor den Emissionen schützen. Oktober, 2021
Der Blick auf die Schornsteine der ILVA. Ein großes, feinmaschiges Netz spannt sich über hunderte Meter zwischen dem Stahlwerk und dem angrenzenden Stadtteil Tamburi. So soll verhindert werden, dass für die Stahlproduktion benötigte Mineralien vom Wind in das Viertel getragen werden. September, 2023
Der Blick auf die Schornsteine der ILVA. Ein großes, feinmaschiges Netz spannt sich über hunderte Meter zwischen dem Stahlwerk und dem angrenzenden Stadtteil Tamburi. So soll verhindert werden, dass für die Stahlproduktion benötigte Mineralien vom Wind in das Viertel getragen werden. September, 2023
Ein großes Mosaik in der Chiesa Di Gesu‘ Divino Lavoratore in Tamburi zeigt eine Abbildung Jesus, der sich schützend über der ILVA und Vertreter*innen typischer Berufszweige Tarantos erhebt. Der Fischer, dessen Handwerk in der Region eine lange Tradition hat, wendet dem Stahlwerk als einziger den Rücken zu. Mai, 2022
Ein großes Mosaik in der Chiesa Di Gesu‘ Divino Lavoratore in Tamburi zeigt eine Abbildung Jesus, der sich schützend über der ILVA und Vertreter*innen typischer Berufszweige Tarantos erhebt. Der Fischer, dessen Handwerk in der Region eine lange Tradition hat, wendet dem Stahlwerk als einziger den Rücken zu. Mai, 2022
Ein Konzert in einem besetzten Haus in Taranto. In der Stadt gibt es eine lebendige, linke Szene, die sich aktiv am sozialen Zusammenleben beteiligen und sich in großen Teilen klar für die Schließung des Stahlwerks ausspricht. Mai, 2022
Ein Konzert in einem besetzten Haus in Taranto. In der Stadt gibt es eine lebendige, linke Szene, die sich aktiv am sozialen Zusammenleben beteiligen und sich in großen Teilen klar für die Schließung des Stahlwerks ausspricht. Mai, 2022
Der Strandabschnitt »Lido Azzurro« ist ein beliebtes Ausflugsziel für Jugendliche und Familien am Wochenende. Im Hintergrund sind die Kräne des Industriehafens zu sehen. Mai, 2022
Der Strandabschnitt »Lido Azzurro« ist ein beliebtes Ausflugsziel für Jugendliche und Familien am Wochenende. Im Hintergrund sind die Kräne des Industriehafens zu sehen. Mai, 2022
Die Genitori Tarantini sind ein Verein aus Eltern, deren Kinder an Krebserkrankungen verstorben sind. Sie sehen das Stahlwerk für ihr Schicksal verantwortlich und kämpfen für eine Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt und dafür, dass die Verantwortlichen für die anhaltenden Verschmutzung juristisch belangt werden. Mai, 2022
Die Genitori Tarantini sind ein Verein aus Eltern, deren Kinder an Krebserkrankungen verstorben sind. Sie sehen das Stahlwerk für ihr Schicksal verantwortlich und kämpfen für eine Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt und dafür, dass die Verantwortlichen für die anhaltenden Verschmutzung juristisch belangt werden. Mai, 2022
Der Blick auf die Bucht des Mare Piccole, des kleinen Meeres. Hier werden traditionell Miesmuscheln gezüchtet, die ein Wahrzeichen Tarantos sind. September, 2021
Der Blick auf die Bucht des Mare Piccole, des kleinen Meeres. Hier werden traditionell Miesmuscheln gezüchtet, die ein Wahrzeichen Tarantos sind. September, 2021
Ein Feld steht in Flammen. Im Hintergrund sieht man die Wohnblocks des Viertels Paolo Sesto, dass in den 1970er Jahren einen neuen Lebensstandard für die Arbeiterfamilien etablieren sollte. September, 2023
Ein Feld steht in Flammen. Im Hintergrund sieht man die Wohnblocks des Viertels Paolo Sesto, dass in den 1970er Jahren einen neuen Lebensstandard für die Arbeiterfamilien etablieren sollte. September, 2023
Ein Bewohner der Altstadt Tarantos mit seinem zahmen Papagei. September, 2021
Ein Bewohner der Altstadt Tarantos mit seinem zahmen Papagei. September, 2021
Pasquale arbeitet als Stahlarbeiter in der ILVA. Er trägt eine Tätowierung, auf der Schornsteine des Werkes aus einem Friedhof ragen und ihr Rauch in einem Totenkopf mündet. Er ist sich den gesundheitlichen Risiken seines Berufs bewusst, sieht in der Region jedoch keine berufliche Alternative. September, 2023
Pasquale arbeitet als Stahlarbeiter in der ILVA. Er trägt eine Tätowierung, auf der Schornsteine des Werkes aus einem Friedhof ragen und ihr Rauch in einem Totenkopf mündet. Er ist sich den gesundheitlichen Risiken seines Berufs bewusst, sieht in der Region jedoch keine berufliche Alternative. September, 2023

Weitere Portfolios

Lukas Ratius wurde 1989 in Saarbrücken geboren, wo er lebt und arbeitet. Er studierte an der Hochschule der Bildenden Künste Saar und schloss mit einem Diplom in Kommunikationsdesign ab. Aktuell ist er Teil der Meisterklasse 2024/2025 an der Ostkreuzschule für Fotografie in Berlin.

Seit 2018 arbeitet er als Fotograf an Langzeit Projekten sowie für unterschiedliche Auftraggeber*innen. Seine Fotos wurden in verschiedenen Magazinen und Zeitungen veröffentlicht, wie dem ZEITmagazin, der Süddeutschen Zeitung, der taz und dem 11 Freunde Magazin.
In seinen freien Projekten arbeitet Lukas Ratius mit dem Mittel fotografischer Langzeitbeobachtungen an der Sichtbarmachung und Dokumentation gesellschaftlicher, politischer und ökonomischer Mechanismen, Netzwerke und Strukturen.

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